Anforderungen an die Lagerung von Wirtschaftsdüngern und Gärresten
Ausreichende Wirtschaftsdünger- und Gärrestlagerkapazitäten sind die Voraussetzung für die Umsetzung einer pflanzenbedarfsgerechten Düngung. Vor diesem Hintergrund enthält die Düngeverordnung (DüV) entsprechende Regelungen zur Bemessung der Gülle- und Gärrest- sowie Festmist- und Kompostlagerkapazitäten. Nachfolgend werden die Inhalte der DüV bez. der jeweiligen Regelungen näher erläutert und dargestellt, was dieses in der Umsetzung für die landwirtschaftlichen Betriebe und Biogasanlagenbetreiber bedeutet.
Vorgaben der DüV hinsichtlich der Wirtschaftsdünger- und Gärrestlagerung
Hinsichtlich der Lagerung von Wirtschaftsdüngern enthält die DüV sowohl direkte als auch indirekte Anforderungen. Die bedarfsgerechte Düngung ist dabei von zentraler Bedeutung; sie kann nur umgesetzt werden, wenn ausreichende Lagerkapazitäten zur Verfügung stehen, so dass Wirtschaftsdünger mengenmäßig und zeitlich unter Berücksichtigung des Bedarfsgrundsatzes aufgebracht werden können. Selbstverständlich sind dabei die Sperrfristen gem. DüV zu beachten, in denen kein Dünger aufgebracht werden darf. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Boden bei der Düngung aufnahmefähig sein muss, d. h. bei der Aufbringung von Düngemitteln nicht wassergesättigt, gefroren oder schneebedeckt sein darf.
Neben diesen indirekten Vorgaben enthält die DüV 2017 erstmalig direkte Vorgaben in Form von Mindestzeiträumen für die Lagerung von Wirtschaftsdüngern. Hierbei wurden die Richtwerte für den Gülleanfall um den Anfall von Reinigungs- und Prozesswasser erweitert, was insbesondere bei der Haltung von Milchkühen zu deutlich höheren erforderlichen Lagerkapazitäten führt. Die jeweiligen Wirtschaftsdüngeranfälle finden Sie im Downloadbereich des Artikels "Richtwerte für die Berechnung der Betriebsobergrenze (170-N)".
Gemäß § 12 DüV muss das Fassungsvermögen von Wirtschaftsdünger- und Gärrestlägern größer sein als die sich aufgrund der Sperrzeiten ergebende erforderliche Lagerraumkapazität. Zusätzlich sind die Belange des jeweiligen Betriebes und des Gewässerschutzes zu berücksichtigen. Mit den „Belangen des Betriebes“ sind insbesondere die angebauten Kulturarten und deren Düngebedarf gemeint. Mindestens ist allerdings eine Lagerkapazität für flüssige Wirtschaftsdünger oder Gärreste von sechs Monaten vorzuhalten. Bei der Berechnung des Fassungsvermögens sind der Dunganfall pro belegtem Stallplatz incl. Prozess- und Reinigungswasser zu berücksichtigen. Anfallende Mengen an Niederschlagswasser und Silagesickersaft sowie Wirtschaftsdüngerrestmengen, die technisch bedingt immer im Lager verbleiben, können den erforderlichen Lagerraum noch erhöhen. Stehen Tiere im Winterhalbjahr auf der Weide (z.B. Mutterkühe), kann sich dieses dagegen bei der Bemessung des Wirtschaftsdüngerlagers lagerkapazitätsverringernd auswirken.
Weitergehende Anforderungen ergeben sich für viehstarke (>3 GV/ha) und flächenlose Betriebe, da diese Betriebe in der Regel vorwiegend oder nur über Wirtschaftsdüngerabgaben die jeweiligen Dünger verwerten können. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Dünger aufgrund des Düngebedarfs der einzelnen Früchte schwerpunktmäßig im Frühjahr ausgebracht werden können und somit länger gelagert werden müssen. Daher müssen Betriebe mit mehr als 3 GV/ha oder Betriebe, die über keine eigenen Aufbringungsflächen verfügen, ab dem 01. Januar 2020 sicherstellen, dass die flüssigen Wirtschaftsdünger oder flüssige und feste Gärreste mindestens neun Monate gelagert werden können.
Handelt es sich um offene Gülle-Gärrestläger, ist zusätzlich auch das Niederschlagswasser aufzufangen und zu lagern. Hierbei ist der regionale Jahresniederschlag mit einer Verdunstungsrate von 30% anzusetzen (s. auch TRwS zur AwSV, August 2018).
Bei der Lagerung von Festmist von Huf- und Klauentieren ist sicherzustellen, dass ab dem 01. Januar 2020 Mindestlagerkapazitäten von 2 Monaten vorhanden sind. Stehen Huf- und Klauentiere im Winterhalbjahr (01. Oktober – 01. April) auf der Weide, was bei extensiver Rinderhaltung z.B. Mutterkühen den Regelfall darstellt, kann dieses bei der Bemessung des Mistlagers lagerkapazitätsvermindernd berücksichtigt werden, da beim Weidegang keine Wirtschaftsdünger im Stall anfallen.
Die erforderlichen Lagerzeiten für Geflügelkot und Geflügelmist sind in der DüV nicht explizit aufgeführt, ergeben sich aber durch die o. g. Vorgaben für die Lagerung von Wirtschaftsdüngern. Die jeweiligen Zusammenhänge wurden bei der Ableitung der Lagerzeiträume für die jeweiligen Geflügelmiste entsprechend berücksichtigt. So wurde in diesem Zusammenhang die Sperrfristdauer für Ackerland (vier Monate) und ein Zeitraum von einem Monat, in dem der Boden oftmals nicht aufnahmefähig ist, berücksichtigt (s. Tabelle 1), was eine erforderliche Lagerdauer von 5 Monaten ergibt.
Verfügt der Betrieb nicht über ausreichende eigene Gülle- bzw. Gärrestlagerkapazitäten oder Festmist- bzw. Kompostlagerkapazitäten können die fehlenden Lagerkapazitäten angepachtet werden, wobei dieses über Pachtverträge nachzuweisen ist. Neben der Anpachtung von Lagerraum besteht die Möglichkeit einer anderweitigen Verwertung, d. h. der Abschluss eines Verwertungsvertrages mit einer Biogas- oder Aufbereitungsanlage.
Eine Abgabe von Wirtschaftsdüngern oder Gärresten an aufnehmende Betriebe zum Zweck der Düngung wird nicht als Verwertung i.S. § 12 Abs. 5 DüV anerkannt. Demzufolge ist der im § 12 Abs. 5 DüV verwendete Begriff der „Verwertung“ als nicht landbauliche Verwertung zu verstehen. Eine Abgabe an einen Vermittler ist ebenfalls keine Verwertung i. S. des § 12 (5) DüV und entbindet nicht von der Lagerungsverpflichtung.
Die beschriebenen Zusammenhänge wurden bei der Ableitung der Lagerzeiträume entsprechend berücksichtigt. In der nachfolgenden Tabelle sind die jeweiligen Lagerzeiträume für die jeweiligen Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft und Gärreste aufgeführt. Bei den Festmisten wurde zwischen einer Lagerung im Stall und einer Lagerung auf der Festmistplatte (feste Anlage) unterschieden. Zur Berechnung der erforderlichen Lagerkapazitäten ist die Mindestlagerdauer außerhalb des Stalls entscheidend.
Tabelle 1: Vorgaben zur Mindestlagerdauer Flüssige Wirtschaftsdünger
Flüssige Wirtschaftsdünger |
||||
Stoff | Mindestlagerdauer ab 01.01.2020 | |||
Gülle (auch separierte feste Phase), |
Bei weniger als 3 GV/ha LF: mindestens 6 Monate, betriebsindividuell häufig mehr |
|||
Gärreste (fest u. flüssig) |
Mindestens 9 Monate |
|||
Feste Wirtschaftsdünger |
||||
Stoff |
Mindestlagerdauer ab 01.01.2020 |
Lagerung im Stall |
Mindestlagerdauer außerhalb des Stalls |
|
Festmist von Huf- und Klauentieren |
2 Monate* |
|
|
|
Tägliche Entmistung |
|
keine Lagerung im Stall |
2 Monate |
|
Tiefstall - Mistanfall bei Ausstallung |
|
mindestens 2 Monate möglich |
nicht erforderlich |
|
Geflügelmiste |
5 Monate* |
Lagerung im Stall während eines Durchgangs |
Mindestlagerdauer außerhalb des Stalls (feste Anlage) |
|
Enten |
Pekingente |
|
2 Monate |
3 Monate |
Flugente |
|
3 Monate |
2 Monate |
|
Gänse | Mittelmast |
|
4 Monate |
1 Monat |
Spätmast |
|
7,5 Monate |
nicht erforderlich |
|
Puten |
|
4 Monate |
1 Monat |
|
Hähnchen |
|
1 Monat |
4 Monate |
|
Legehennen HTK | mit Kotband |
|
kein Lager im Stall |
5 Monate |
ohne Kotband |
|
12 Monate |
nicht erforderlich |
|
* unter Berücksichtigung der Lagerung im Stall (Zeitraum, in dem Mist im Stall verbleibt) |
Ermittlung der Lagerdauer für flüssige Wirtschaftsdünger und Gärreste
Es ist hervorzuheben, dass der Lagerzeitraum von sechs Monaten die Mindestlagerdauer darstellt. Hinsichtlich einer bedarfsgerechten Düngung kann die Lagerdauer für flüssige Wirtschaftsdünger und Gärreste betriebsindividuell von dieser Mindestlagerdauer von sechs Monaten abweichen. Beispielsberechnungen belegen, dass auf Ackerland in der Regel Lagerzeiträume von neun Monaten für die Lagerung von flüssigen Wirtschaftsdüngern und Gärresten vorgehalten werden müssen, um die jeweiligen Nährstoffträger bedarfsgerecht einsetzen zu können. Beim Grünland reicht in der Regel die geforderte Mindestlagerdauer von sechs Monaten für die Durchführung einer bedarfsgerechten Düngung aus. Zum Grünland gehören: Grünland, Dauergrünland und mehrjähriges Feldfutter.
Vor dem Hintergrund der dargestellten Zusammenhänge muss für Flächenbetriebe die erforderliche Lagerdauer über das Acker-/Grünlandverhältnis berechnet werden. Hierbei wird der Ackeranteil mit neun Monaten und der Grünlandanteil mit sechs Monaten multipliziert und das Ergebnis durch die landwirtschaftliche Nutzfläche dividiert. Unter Voraussetzung, dass der gesamte Nährstoffanfall auf den eigenen zu düngenden Flächen verwertet werden kann, würde sich beispielsweise für einen 100 ha großen Betrieb mit 70 ha Ackerland und 30 ha Grünland eine Lagerdauer von 8,1 Monat ergeben ((70 ha x 9 Monate) + (30 ha x 6 Monate) / 100 ha) = 8,1 Monat). Ist eine Abgabe von Wirtschaftsdüngern erforderlich, weil die eigenen Flächen dafür nicht ausreichen, ist in Baugenehmigungsverfahren die abzugebende Restmenge an Wirtschaftsdüngern mit einer Mindestlagerdauer von 9 Monaten zu belegen. Würden bei dem o.g. Beispiel 4.000 m³ auf eigenen Flächen verwertet und 1.000 m³ abgegeben, berechnet sich die erforderliche Lagerdauer im gewogenen Mittel aus betriebsindividueller Lagerdauer (hier 8,1 Monate) und den 9 Monaten für die überbetrieblich zu verwertende Restmenge wie folgt: (4.000 * 8,1 + 1.000 * 9) / 5.000 = 8,3 Monate.
Ermittlung der Lagerdauer für feste Wirtschaftsdünger
In der Tabelle 1 sind die jeweiligen Vorgaben aufgeführt. Entscheidend für die Berechnung der erforderlichen Lagerkapazitäten ist die Spalte „Mindestlagerdauer außerhalb des Stalls (feste Anlage)“.
Wie oben ausgeführt, gilt als Verwertung mit einem Dritten die schriftliche Vereinbarung über die direkte Abgabe nicht zu Düngungszwecken an eine Biogasanlage/Kompost-/Erdenwerk. Die überbetriebliche Lagerung kann nur über eine schriftliche Vereinbarung über die Anpachtung bzw. Bereitstellung von Lagerraum nachgewiesen werden.
Neben der vorgegebenen Mindestlagerdauer ist bei der Ermittlung der betriebsspezifischen Lagerkapazität der Wirtschaftsdüngeranfall pro Stallplatz und Jahr bzw. der jährliche Gärrestanfall aus der Biogasanlage sowie die Lagerungsdichte der jeweiligen festen Dünger entscheidend. Die jeweiligen Wirtschaftsdüngeranfälle sind dem Internetauftritt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, webcode 01032851 zu entnehmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Richtwerte für flüssige Wirtschaftsdünger die Prozess- und Reinigungswassermengen pro Stallplatz und Jahr enthalten, auf die der Verordnungsgeber verweist, aber nicht explizit in der DüV angibt. Während bei Gülle, Jauche und Gärrest mit einer Lagerungsdichte von 1 m3/t gerechnet wird, weisen die festen organischen Nährstoffträger in Abhängigkeit vom TS-Gehalt und Strohanteil unterschiedliche Lagerungsdichten auf. Die jeweiligen Lagerungsdichten sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Tabelle 2: Lagerungsdichten verschiedener fester Wirtschaftsdüng
Stoff | Lagerungsdichten (spezifische Gewichte) |
Separierte Gärreste: |
0,65 t/m³ |
Getrocknete Gärreste > 80% TS: |
0,35 t/m³ |
Rindermist: |
0,8 t/m³ |
Schweinemist: |
0,9 t/m³ |
Pferdemist: |
0,5 t/m³ |
Schafe-/Ziegenmist: |
0,65 t/m³ |
Hähnchenmist: |
0,5 t/m³ |
Putenmist: |
0,4 t/m³ |
HTK bei TS > 50%: |
0,5 t/m³ |
Bei der Berechnung der Mistplattengröße wird von einer durchschnittlichen Stapelhöhe von 2 m ausgegangen. |
Handelt es sich um offene Lagerstätten, ist zusätzlich zu der ggf. anfallenden Jauche auch das Niederschlagswasser auf der Platte aufzufangen und zu lagern. Hierbei ist neben der Mistplattenfläche der regionale Jahresniederschlag mit einer Verdunstungsrate von 15% anzusetzen (s. auch TRwS zur AwSV, August 2018).
Nachfolgende Beispielsberechnung verdeutlicht die Berechnung der erforderlichen Mistplattengröße:
Ackerbaubetrieb mit 100 Mastbullen, Tretmiststall, 0 – 19 Monate, 750 kg Lebendgewicht: Festmistanfall: 460 t, Jaucheanfall: 300 m3
Berechnung der erforderlichen Lagerkapazitäten
Berechnung der erforderlichen Festmistplatte:
460 t Festmist = 575 m3 Festmist (460/0,8 Lagerungsdichte)
575 m3 Festmist/12 Monate x 2 Monate (Mindestlagerdauer Festmist) = 96 m3
erforderliche Mindestgröße der Mistplatte: 96 m3/2 m Stapelhöhe = 48 m2
Berechnung des erforderlichen Jauchelagers
Jaucheanfall aus der Tierhaltung: 300 m3 d.h. 300/12*9 (Betrieb hat nur Ackerflächen: muss 9 Monate lagern) = 225 m3
Schmutzwasseranfall auf der Mistplatte:
50 m2 Plattengröße x 800 mm Jahresniederschlag/m2 x Verdunstungsrate 0,85 = 34 m3
34 m³ / 12 Monate x 9 Monate = 26 m³
Jauche- + Schmutzwasseranfall: 225 m3 + 26 m3 = 251 m3
erforderliche Größe des Jauchelagers: 251 m3
Die oben beschriebenen Zusammenhänge werden im Rahmen der düngerechtlichen Vor-Ort-Kontrollen bei Tierhaltern bereits nach den hier genannten Vorgaben geprüft. Sollte ein Betrieb die Vorgaben der neuen DüV mit den aktuellen Anfallszahlen noch nicht einhalten, kann in einem Übergangszeitraum auf eine Sanktion verzichtet werden. Dazu muss sich der Betriebsleiter jedoch bereits vor der Vor-Ort-Kontrolle um die Schaffung von zusätzlichem Lagerraum bemüht haben und dies belegen können (z.B. Bauvoranfrage, Baugenehmigung beantragt, Pachtvertrag abgeschlossen etc.) Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass der erforderliche Lagerraum für die Anfallszahlen aus der alten DüV ausreicht.
Hinweis: Falls verschmutztes Oberflächenwasser von übrigen befestigten Flächen der Hofstelle (z.B. Siloplatten, Rangierflächen) in das Wirtschaftsdüngerlager eingeleitet wird, muss die entsprechende Schmutzwassermenge in die Berechnung der erforderlichen Lagerkapazität einbezogen werden. Zuständig für die Klassifizierung der zu lagernden Abwässer, die auf solchen Flächen anfallen, ist die untere Wasserbehörde, die entsprechende Vorgaben tätigen muss.
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